Schritt für Schritt Anleitung

So erstesllt du dein Ideal Customer Profile (ICP)

Lerne, wie du ein Ideal Customer Profile systematisch entwickelst und dokumentierst, damit es als Grundlage für Positionierung, Content und Sales-Ansprache dient.

Julian_Team

von Julian Hess, Marketing Manager

1.07.2025

Ideal Customer Profile Bild

Inhaltsverzeichnis

Die ideale Kundenansprache beginnt nicht mit der Frage „Wen könnten wir alles erreichen?“, sondern mit der Klarheit darüber, für wen dein Angebot tatsächlich am besten geeignet ist. Nur wenn du dein Ideal Customer Profile (ICP) klar definierst, kannst du deinen Vertrieb und dein Marketing gezielt und effizient ausrichten. Dieser Lernartikel zeigt dir Schritt für Schritt, wie du dabei vorgehst.

Warum solltest du einen ICP ermitteln?

Ein klar definiertes ICP ist der strategische Filter für alle deine Marketing- und Vertriebsmaßnahmen. Es sorgt dafür, dass du Ressourcen fokussiert einsetzt und Käufer erreichst, die wirklich kaufen wollen. Anstatt deine Maßnahmen breit zu streuen, konzentrierst du dich auf jene Unternehmen, bei denen dein Angebot den größten strategischen Nutzen entfalten kann.

Mit einem gut definierten ICP erreichst du:

  1. Kürzere Vertriebszyklen durch passgenauere Ansprache
  2. Bessere Lead-Qualität durch klaren Fokus auf passende Unternehmen
  3. Höhere Abschlusswahrscheinlichkeit, da Angebote besser zum Bedarf passen
  4. Effizienterer Ressourceneinsatz in Marketing, Vertrieb und Customer Success

Ohne ICP bleibt deine Positionierung zu vage, deine Kommunikation trifft nicht den Kern und dein Vertrieb verliert Zeit mit unqualifizierten Leads. Ein präzises Ideal Customer Profile bringt Klarheit ins Team, Fokus in den Vertrieb und messbare Wirkung in deine Pipeline.

Schritt-für-Schritt-Anleitung zur Vorgehensweise

Schritt 1: Sammle Daten über deine besten Kunden

Beginne mit einer rückblickenden Analyse: Welche deiner bisherigen Kunden waren besonders erfolgreich in der Zusammenarbeit? Sieh dir insbesondere jene an, die einen hohen Customer Lifetime Value, eine starke Nutzung deines Produkts oder eine kurze Vertriebsdauer hatten. Nutze dafür CRM-Daten, Kundenfeedback, Interviews oder Insights aus deinem Team.

Fragen zur Orientierung:

  1. Wer erzielt mit unserem Angebot den größten Nutzen?
  2. Wo verlief der Sales-Prozess effizient und partnerschaftlich?
  3. Welche Kunden würden uns mit Überzeugung weiterempfehlen?


Schritt 2: Identifiziere wiederkehrende Muster und wähle passende Segmentierungsarten

Nachdem du Kundendaten gesammelt hast, geht es darum, die richtigen Segmentierungsarten auszuwählen, um dein ICP strukturiert aufzubauen. Dabei orientierst du dich nicht an Einzelpersonen, sondern an Mustern auf Unternehmensebene.

Typische Segmentierungsansätze:

  1. Firmografisch: Branche, Mitarbeiterzahl, Umsatz, Region, Geschäftsmodell
  2. Bedürfnisorientiert: Welche Herausforderungen wollen diese Kunden lösen?
  3. Verhaltensbasiert: Wie kaufen oder nutzen diese Kunden Lösungen wie deine?
  4. Psychografisch: Welche Werte, Mindsets oder Arbeitsweisen zeigen sie?
  5. Entscheidungslogisch: Wie ist der Entscheidungsprozess intern strukturiert?

Wichtig ist, nicht alle Kundenmerkmale gleich zu gewichten, sondern jene zu priorisieren, die wirklich zur erfolgreichen Zusammenarbeit beitragen.


Schritt 3: Bestimme den idealen Reifegrad deines Zielkunden

Im nächsten Schritt gehst du tiefer in die Bewertung des Zeitpunkts, zu dem ein Kunde besonders empfänglich für dein Angebot ist. Denn nicht nur wer ein guter Kunde ist, sondern auch wann ist entscheidend.

Typische Reifegradindikatoren:

  1. Das Problem ist bereits bewusst und wird aktiv angegangen
  2. Der Kunde sucht bereits nach Lösungen oder vergleicht Angebote
  3. Interne Prozesse oder Verantwortlichkeiten sind vorhanden
  4. Es gibt klare Entscheidungsstrukturen (z. B. Buying Center, Budgethoheit)
  5. Der Vertrieb muss nicht erst Überzeugungsarbeit zur Problemerkennung leisten

Dieser Schritt hilft dir zu erkennen, ob ein Kunde überhaupt schon „bereit“ ist, dein Produkt oder deine Lösung erfolgreich einzusetzen oder ob er noch zu früh in seiner eigenen Entwicklung ist.


Schritt 4: Formuliere dein Ideal Customer Profile (ICP)

Fasse nun alle relevanten Merkmale deines idealen Kunden in einem konkreten Profil zusammen. Das Ergebnis soll ein klares Profil sein, das zeigt, wer dein idealer Zielkunde ist und welche Merkmale ihn auszeichnen.

Beispiel:

„Unser idealer Kunde ist ein mittelständisches B2B-Unternehmen mit 50–200 Mitarbeitenden im technischen Bereich. Er verfügt über eine eigene Vertriebsleitung, einen starken Digitalisierungswillen und hat den Bedarf, den Vertrieb systematischer und messbarer aufzubauen.“


Schritt 5: Bewerte das wirtschaftliche und strategische Potenzial

Gehe über die Merkmale hinaus und betrachte, wie wertvoll dieser Kundentyp aus Unternehmenssicht ist. Ein idealer Kunde ist nicht nur „passend“, sondern bietet auch wirtschaftliches Wachstumspotenzial.

Fragen zur Orientierung:

  1. Wie hoch ist der potenzielle Lifetime Value?
  2. Gibt es Anschlussgeschäft (Upgrades, Cross-Selling)?
  3. Passt der Kunde in deine strategischen Zielbranchen?
  4. Eignet er sich als Referenzkunde oder Pilotpartner?

Ziel: Du priorisierst nicht nur nach Passung, sondern auch nach Skalierungschancen und Unternehmensstrategie.


Schritt 6: Ergänze interne Kriterien für Realisierbarkeit und Vertriebsfit

Nicht jeder passende Kunde ist für dich auch umsetzbar. Je nach deinem Setup (z. B. Vertriebskapazität, Preisstrategie, Positionierung) solltest du dein ICP zusätzlich mit internen Bewertungskriterien abgleichen.

Typische interne Kriterien:

  1. Passt der Kunde zum Vertriebsprozess (z. B. Abschlusszeit, Komplexität)?
  2. Ist das Mindset kooperativ und lösungsorientiert?
  3. Gibt es Differenzierungsspielraum gegenüber Wettbewerbern?
  4. Kann dein Team diesen Kunden effizient betreuen?

Ziel: Dein ICP wird realistisch und anschlussfähig an deine Go-to-Market-Strategie.


Schritt 7: Definiere Negativkriterien und erstelle einen „Anti-ICP“

Nicht jedes Unternehmen, das sich für dein Produkt interessiert, passt auch wirklich zu dir. Definiere deshalb bewusst, welche Merkmale bei potenziellen Kunden nicht erwünscht sind – dein sogenannter Anti-ICP.

Typische Anti-ICP-Merkmale:

  1. Fehlende Budgetverantwortung oder Kaufbereitschaft
  2. Kein klar definiertes Problem oder akute Relevanz
  3. Ausschließlich kurzfristiger Aktionismus ohne strategisches Interesse
  4. Kultureller Mismatch: z. B. mangelnde Kooperationsbereitschaft
  5. Branchen, in denen dein Angebot strukturell nicht wirkt
  6. Fehlende Mindestgröße oder Reifegrad

Ein klarer Anti-ICP spart deinem Team wertvolle Zeit. Er sorgt dafür, dass du dich nicht mit scheinbar interessierten Leads aufhältst, die am Ende nicht kaufen oder zu schlechten Kunden werden.


Schritt 8: Konzentriere dich zuerst auf ein ICP

Gerade am Anfang ist Fokus wichtiger als Vielfalt. Statt mehrere Zielgruppen gleichzeitig anzusprechen, solltest du dich auf ein Ideal Customer Profile konzentrieren und zwar auf das mit dem höchsten Potenzial und der besten Umsetzbarkeit.

So kannst du gezielt testen, deine Kommunikation schärfen und dein Team ausrichten. Erst wenn dieses ICP in der Praxis funktioniert, macht es Sinn, weitere Varianten zu entwickeln, etwa für unterschiedliche Branchen, Regionen oder Produktlinien.

Ziel: Ein klarer Fokus bringt schnelleres Lernen, bessere Ergebnisse und eine saubere Vertriebsbasis.


Schritt 9: Dokumentiere, teile und teste dein ICP im Alltag

Halte dein Ideal Customer Profile transparent und teamübergreifend fest. Nimm deinen ICP dabei regelmäßig unter die Lupe: Was funktioniert? Wo braucht es Anpassung?

Prüfe regelmäßig:

  1. Stimmen die Annahmen mit der Realität überein?
  2. Erreichen wir mit diesem ICP unsere Ziele?
  3. Welche Leads sind aus dem Raster gefallen – und warum?

Ein ICP ist kein starres Konstrukt. Es entwickelt sich mit deinem Unternehmen weiter und wird umso besser, je mehr du damit arbeitest.

Worauf es bei der ICP-Erstellung ankommt

Ein wirkungsvolles Ideal Customer Profile basiert nicht nur auf Daten und Struktur, sondern auch auf klaren Entscheidungen. Die folgenden Prinzipien helfen dir dabei, dein ICP fundiert und praxisnah zu entwickeln und typische Stolperfallen zu vermeiden.

✅ Was funktioniert:

  1. Arbeite datenbasiert statt aus dem Bauch heraus: Nutze echte Kundendaten, Projektverläufe und Feedback aus dem Vertrieb, nicht nur Vermutungen oder Wunschbilder.
  2. Segmentiere strukturiert und kombiniert: Verwende firmografische, bedürfnisorientierte, verhaltensbezogene und psychografische Kriterien. Die Kombination dieser Perspektiven macht dein ICP belastbar.
  3. Berücksichtige Reifegrad und Entscheidungslogik: Ein idealer Kunde ist nicht nur passend, sondern auch bereit, eine Entscheidung zu treffen, mit internem Problembewusstsein und klarem Entscheidungsprozess.
  4. Bewerte wirtschaftliches Potenzial aktiv mit: Beziehe Kriterien wie Abschlusswahrscheinlichkeit, Referenzwert und Cross-Selling-Chancen mit ein, sie helfen dir bei der Priorisierung.
  5. Dokumentiere und teste dein ICP im Alltag: Dein ICP ist kein einmaliger Denkprozess, sondern ein lebendiges Werkzeug. Je öfter du es testest, desto präziser wird es.

❌ Was du vermeiden solltest:

  1. ICP mit Buyer-Persona verwechseln: Das ICP beschreibt Unternehmen – nicht Einzelpersonen. Buyer-Personas kommen danach und ergänzen das Profil.
  2. Zu viele ICPs gleichzeitig definieren: Starte fokussiert mit dem wichtigsten Profil. Erst nach erfolgreichem Test kannst du differenzieren.
  3. Unklare oder weiche Formulierungen verwenden: Begriffe wie „innovativ“, „digital interessiert“ oder „ambitioniert“ sagen wenig aus. Dein ICP sollte greifbar, messbar und abgrenzbar sein.
  4. Kulturelle oder strategische Passung ignorieren: Ein scheinbar passender Kunde kann trotzdem ungeeignet sein – wenn Mindset, Zusammenarbeit oder interne Prozesse nicht stimmig sind.
  5. „Interesse“ mit „ICP-Fit“ verwechseln: Nur weil ein Unternehmen Interesse zeigt, heißt das nicht, dass es zu deinem idealen Kundenprofil passt. Ein Anti-ICP schützt vor solchen Fehleinschätzungen.


Beispiel zur Einordnung:

❌ Unklar und unbrauchbar: „Unsere Zielkunden sind Unternehmen, die offen für digitale Lösungen sind und ihren Vertrieb optimieren möchten.“

✅ Klar, differenziert und umsetzbar: "Technische B2B-Unternehmen mit 50–200 Mitarbeitenden, eigener Vertriebsleitung, konkretem Digitalisierungsbedarf und strukturierter Entscheidungsfindung. Idealerweise im DACH-Raum mit aktiver Budgetverantwortung und hoher Umsetzungsbereitschaft innerhalb von 3 Monaten.“

Fazit

Ein fundiertes Ideal Customer Profile bringt Klarheit in deine Zielgruppenarbeit, Schärfe in deine Kommunikation und Effizienz in deinen Vertrieb. Es hilft dir, dich auf genau jene Unternehmen zu konzentrieren, bei denen dein Angebot den größten Mehrwert entfalten kann.

Wenn du dein ICP systematisch entwickelst, strukturiert dokumentierst und regelmäßig überprüfst, wird es zum Kernstück deiner Go-to-Market-Strategie und wird somit zum Hebel für skalierbares Wachstum.